13.04.2010
Musik mit rassistischen, antisemitischen und neonazistischen Botschaften ist ein wichtiger Ideologieträger der Naziszene in Deutschland. Konzerte dienen als Dreh- und Angelpunkte der Szene. Hier wird nicht nur gemeinschaftlich zur Musik gefeiert, sondern es werden Kontakte geknüpft und gefestigt und auch eine Vielzahl von Neonazi-Merchandise-Artikeln, wie CD's und T-Shirts, verkauft. Die gestiegene Zahl von Konzerten verdeutlicht die hohe Relevanz der Musik für die Neonazi-Szene.
Viele Konzerte werden "heimlich" und unter Ausschluss der Öffentlichkeit durchgeführt - man will unter sich bleiben und kein Blatt vor den Mund nehmen müssen. Die folgende Auflistung ist wohl demzufolge unvollständig, tatsächlich fanden in Sachsen und auch in Leipzig vermutlich mehr neonazistische Konzerte statt. Das Landesamt für Verfassungsschutz hat 2009 45 geplante Nazi-Konzerte in Sachsen registriert, mindestens 35 Konzerte wurden durchgeführt. Allerdings nennt der Verfassungsschutz ausdrücklich nicht alle registrierten Veranstaltungen in seiner Statistik. Das Dresdner Infobüro "a.l.i.a.s." berichtet auf Nachfrage von mindestens 63 geplanten Konzerten landesweit. Besonders viele fanden 2009 in Ostsachsen statt, doch auch in Leipzig und Umgebung gab es nach Zählung von chronik.LE mindestens elf Konzerte von Nazi-Bands und Liedermachern. Eine Zusammenstellung der bei chronik.LE dokumentierten und der vom Innenministerium angegebenen Konzerte:
Zu einem Konzert in Torgau (OT Staupitz) kamen am 31. Januar etwa 200 Nazis. Dort spielten die Nazibands "Civil Disorder", "Fear rains down", "Painful Life" und "2 Minutes Warning". In Torgau gab es noch zwei weitere Konzerte: am 21. Februar mit 300 Teilnehmern und den Bands "Thematik 25", "Bloodline", "Oidoxie", "Ehre & Stolz" und "System Infarkt" sowie am 14. März mit 100 Teilnehmern[*]. Auch in Colditz fand laut Innenministerium ein Konzert statt, dieses wurde am 15. Mai mit 140 Teilnehmern durchgeführt[*]. In einem Artikel des Antifaschistischen Infoblatts wird über ein Konzert am 1. August im Gewerbegebiet »Lüptitzer Höhe« bei Wurzen berichtet. Dort traten die Nazibands "Inkubation Döbeln", "Storm of Minds" und "Eastside" auf. Veranstalter war die Lok-Fangruppierung "Wurzener Jungs". Dort hatten unter anderem die Nazis gefeiert, die später am Angriff auf Fans und Spieler des Fußballvereins Roter Stern Leipzig beteiligt waren. Am 21. August gab es ein weiteres Konzert im Rahmen einer Vortragsveranstaltung der NPD in Geithain. Auch am 30. Oktober hielt die NPD eine Veranstaltung mit anschließendem "Liederabend" ab[1]. Auch in Oschatz fielen Nazis mit ihrer Musik auf: Am 15. Februar spielten sie dort Lieder der verbotenen Band "Landser" auf einem Faschingsumzug.
In Leipzig können für das Jahr 2009 mindestens vier Nazi-Konzerte registriert werden sowie zwei durch die Polizei verhinderte. Das Dresdner Recherchebüro "a.l.i.a.s." berichtet in einer Pressemitteilung über ein Konzert am 7. Februar in Leipzig[**]. Ein weiteres fand am 22. Februar mit 150 Teilnehmern statt, veranstaltet von der NPD[1]. Auch am 18. Juli organisierte die NPD einen Liederabend in der Odermannstraße mit dem Nazibarden Frank Rennicke, an dem ebenfalls etwa 150 Personen teilnahmen. Am 25. Juli gab es im Rahmen einer "Schulungsveranstaltung" mit dem Nazi-Kader Axel Reitz im Leipziger NPD-Büro ein Konzert.
Das Innenministerium berichtet auch über verhinderte Konzerte und Liederabende. So wurde beispielsweise am 31. Januar ein Liederabend der NPD in Falkenhain verhindert[*]. In Leipzig löste die Polizei am 7. März ein Konzert mit 160 Teilnehmern auf und am 8. August ein Nazikonzert mit den Bands "Sarin", "Short Cropped", "Faustrecht" und "Strongside" verhindert. Dort hatte die Polizei 160 Besucher nach Hause geschickt.
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[*] Die Konzerte sind auf chronik.LE bisher nicht verzeichnet gewesen.
[**] nicht in den Angaben des Innenministeriums enthalten.
[1] vermutlich im NPD-"Bürgerbüro" in der Odermannstraße.
Zuletzt aktualisiert am 26.01.2022