16.06.2011
PRESSEMITTEILUNG zu den Ereignissen vom 10./11. Juni 2011 in Limbach-Oberfrohna
Mit großer Betroffenheit haben wir die Ereignisse um das vergangene Wochenende sowie die zugehörige Berichterstattung in der regionalen Presse verfolgt. Mit diesem Schreiben wollen wir euch als einem wichtigen Akteur für eine demokratische Kultur in der Stadt Limbach-Oberfrohna unsere Solidarität ausdrücken.
Nicht nur die fortwährenden neonazistischen Angriffe auf euch und euer Wohnprojekt haben uns erschüttert. Erschreckend und vollkommen unverständlich finden wir darüber hinaus die scheinbar geschlossene Front von Polizei, lokalen Medien und Politiker*innen, die eine Täter-Opfer-Umkehr betreiben, die auch in der "Sächsischen Demokratie" bislang beispiellos geblieben ist.
Schlimm genug, dass ihr als Opfer neonazistischer Gewalt nicht ernst genommen werdet. Unerträglich aber ist die jüngste Eskalation der Kriminalisierung eures Engagements im Allgemeinen und eurer Notwehrsituation im Besonderen. Mit der vollkommen ungerechtfertigten polizeilichen Hausdurchsuchung, der hanebüchenden Behauptung, bei den beschlagnahmten Gegenständen handele es sich um Waffen bzw. Sprengstoffe und der sofortigen diffamierenden Presseinformation, die von den lokalen Medien unhinterfragt übernommen wurde, hat die Polizei in Limbach-Oberfrohna jeglichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in ihrem Handeln vermissen lassen.
Dazu kommt die Einfältigkeit lokaler Akteure die Konflikte lediglich im Rahmen des unsäglichen „Extremismusmodells“ zu interpretieren: Diejenigen, die von Nazis angegriffen werden und es auch noch wagen, sich zu wehren müssen in dieser Logik zwangsläufig Linksextremisten sein. Kritiker mundtot – Problem erledigt! Demokratie verteidigt? Die intellektuelle Vernageltheit lokaler Politiker*innen in dieser Frage empfinden wir als ungeheuerlich.
Trotz der widrigen Umstände hoffen wir, dass ihr euch nicht entmutigen lasst und weiterhin in Limbach-Oberfrohna eine laute und wahrnehmbare Stimme des Protests gegen undemokratische Zustände bleibt. Wir hoffen, dass es euch gelingt, die gegen euch aufgebaute Diffamierungsfront zu durchbrechen und den lokalen deutungsmächtigen Akteuren zu vermitteln, dass die Nazis das Problem sind, und nicht diejenigen, die darauf aufmerksam machen. Denn Demokratie braucht Vielfalt! Dazu müssen alternative Freiräume auch in der sächsischen Provinz erhalten und verteidigt werden.
Mit solidarischen Grüßen,
die chronik.LE-Redaktion
Zuletzt aktualisiert am 09.09.2014