04.09.2021
Am 26. September 2021 wird der 20. Deutsche Bundestag gewählt. Zur Wahl zugelassen sind in Sachsen insgesamt 22 Parteien, darunter mehrere der extremen Rechten wie die AfD, Der III. Weg und die NPD sowie die aus dem Spektrum von Verschwörungsideolog*innen und der Bewegung der Corona-Pandemie-Leugner*innen stammende Basisdemokratische Partei Deutschlands (dieBasis). Wir werfen aus diesem Anlass einen genaueren Blick auf einige dieser Parteien und ihre Kandidat*innen in der Region Leipzig.
Zur Einordnung der Partei: Die Alternative für Deutschland (AfD) ist aufgrund ihrer inhaltlichen Positionen sowie der beteiligten Personen klar der extremen Rechten zuzuordnen. Ihre kurze Parteigeschichte, gegründet wurde die AFD erst 2013, ist gekennzeichnet von einer fortwährenden Radikalisierung (siehe dazu Broschüre „Rechtsaußen in der Kommunalpolitik”). Insbesondere wegen ihrer zunehmenden Feindschaft gegenüber Geflüchteten und der gezielten Politisierung rassistischer Vorurteile wird die AfD als Partei einer „neuen einwanderungsfeindlichen sozialen Bewegung von rechts“ (Alexander Häusler/Fabian Virchow 2016: 42) beschrieben. Aber auch bei anderen Themenfeldern polarisiert die AfD: so forderte sie zuletzt mit dem „DEXIT“ den Austritt aus der EU, positioniert sich gegen jegliche Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie und leugnet den menschengemachten Klimawandel. Es gilt: Die AfD mag eine demokratisch gewählte Partei sein, ist aber keine demokratische Partei.
Zwei der Abgeordneten der aktuellen AFD-Bundestagsfraktion aus der Region Leipzig, die vor vier Jahren über die Landesliste eingezogen sind, treten nicht nochmal an, nämlich Detlev Spangenberg (Direktkandidat für Nordsachsen), Jahrgang 1944, der vor seinem Bundestagseinzug 2017 von 2014 an Abgeordneter des sächsischen Landtags war. Der ehemalige Kreisvorsitzende der AfD im Landkreis Leipzig, Lars Hermann, trat bereits im Dezember 2019 aus der Partei und der Bundestags- sowie der Kreistagsfraktion aus. Der Polizist begründete den Schritt mit dem Kurs der Partei und dem Einfluss des extrem rechten „Flügels“ auf ihre Entwicklung.
Die Landesliste der AfD umfasst 20 Personen, darunter lediglich eine Frau:
1. Tino Chrupalla (LK Görlitz)
2. Jens Maier (Dresden)
3. Siegbert Droese (Leipzig)
4. Karsten Hilse (LK Bautzen)
5. Andreas Harlaß (Dresden)
6. Steffen Janich (LK Sächsische Schweiz-Osterzgebirge)
7. Barbara Lenk (LK Meißen)
8. Ulrich Oehme (Chemnitz)
9. Christoph Neumann (Leipzig)
10. Christian Wesemann (LK Mittelsachsen)
11. Frank Trenkler (Dresden)
12. Martin Braukmann (Dresden)
13. Thomas Dietz (LK Erzgebirge)
14. Mike Moncsek (LK Mittelsachsen)
15. René Bochmann (LK Nordsachsen)
16. Edgar Naujok (LK Leipzig)
17. Holger Zielinski (LK Mittelsachsen)
18. Nico Köhler (Chemnitz)
19. Holger Prade (LK Bautzen)
20. Dirk Eckhardt (LK Zwickau)
In allen Wahlkreisen tritt die Partei mit Direktkandidat*innen an. In der Region Leipzig sind das:
Einige der Kandidaten sind bereits in der Vergangenheit politisch und medial aufgefallen. In der Leipziger Region gilt das besonders für Siegbert Droese, der mit großer Wahrscheinlichkeit über den Listenplatz 3 in den Bundestag einziehen wird. Christoph Neumann, der im Jahr 2020 für die AfD als Oberbürgermeister kandidierte, muss dagegen um seinen erneuten Einzug in den Bundestag bangen, auch wenn er diesmal vom Listenplatz 11 auf Platz 9 vorgerückt ist. Bei einem etwas schwächeren Zweitstimmenergebnis als 2017 könnte es für ihn noch knapp für den Einzug über die Liste reichen. Die auf den Plätzen 15 und 16 kandidierenden Bochmann und Naujok werden vermutlich nicht über die Landesliste einziehen. Sie haben nur die sehr kleine Chance auf das Direktmandat in Nordsachsen und im Landkreis Leipzig.
Die einzelnen Kandidaten sollen im Folgenden einzeln vorgestellt werden.
Christoph Neumann
Siegbert Droese
René Bochmann
Edgar Naujok
Zur Einordnung der Partei: Die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) ist die älteste, noch bestehende Partei der extremen Rechten in Deutschland (Gründung 1964) und klar im Neonazismus zu verorten. Seit die Partei 2014 mit 4,9 Prozent am erneuten Einzug in den sächsischen Landtag gescheitert ist, hat sie stark an Bedeutung verloren. Auch auf kommunaler Ebene ist die NPD nur noch in wenigen Räten vertreten. Gegen die Partei wurden bereits zwei Verbotsverfahren eingeleitet (2001-2003 und 2013-2017), welche jedoch beide scheiterten. Im Urteil 2017 attestierte das Bundesverfassungsgericht der Partei „Elemente der Wesensverwandtschaft mit dem historischen Nationalsozialismus“ und kam zu dem Schluss, dass die Partei zwar „ideologisch eindeutig verfassungswidrig“, aber zu unbedeutend sei, um ein Verbot zu rechtfertigen. Für Teile der Neonaziszene ist sie dennoch wichtiger Bezugspunkt.
Die Landesliste der NPD umfasst 6 Personen, darunter lediglich eine Frau:
1. Maik Müller (Dresden)
2. Stefan Hartung (Erzgebirge)
3. Ines Schreiber (Meißen)
4. Stefan Trautmann (Mittelsachsen)
5. Steve Weißbach (Mittelsachsen)
6. Sebastian Lindner (Erzgebirge)
Die NPD hat in Sachsen zur diesjährigen Bundestagswahl keine Direktkandidat*innen aufgestellt. Nach derzeitigen Umfragewerten ist es ausgeschlossen, dass sie über die Zweitstimmen in den Bundestag einzieht.
Zur Einordnung der Partei: Der III. Weg ist eine 2013 gegründete neonazistische Kleinstpartei. Als Partei steht der III. Weg unter dem Schutz des Parteiprivilegs, was es neonazistischen Gruppierungen wie dem „Freie Netz Süd“, denen ein Verbot drohte, ermöglicht, weiterhin neonazistische Politik zu verfolgen.. Die Partei hat ihren Schwerpunkt in Sachsen bisher im Vogtland. Nur dort stellt sie mit Udo Sieghart auch einen Direktkandidaten auf. Der Wahlantritt dient der Neonazi-Organisation vermutlich hauptsächlich dafür, den besonders geschützten Status als Partei aufrechtzuerhalten.
Inhaltlich orientiert sich die Partei am historischen Nationalsozialismus und der NSDAP. Dies wird auch in den genutzten Symboliken und im Auftreten in der Öffentlichkeit deutlich. So werden bei Demonstrationen der Partei trotz Uniformierungsverbot einheitliche T-Shirts getragen und in Reih und Glied unter der Vorgabe von Trommeln marschiert. Die Partei versteht sich selbst nicht als Massen-, sondern als Kaderorganisation. Daher stehen die inhaltliche Schulung im nationalsozialistischen Sinne sowie Fitness und Sport hoch im Kurs.
Die Landesliste des Dritten Wegs umfasst 5 Personen, darunter eine Frau:
1. Tony Gentsch (Vogtlandkreis)
2. Petra Rammer
3. Rico Döhler (Vogtlandkreis)
4. David Dschietzig (Leipzig)
5. Udo Sieghart (Vogtlandkreis)
Der Viertplatzierte auf der Landesliste, David Dschietzig (Jahrgang 1987) aus Leipzig, blickt bereits auf eine lange Karriere in der Neonazi-Szene zurück, u.a. bei der NPD-Jugendorganisation JN und beim „Freien Netz Leipzig“. 2009 hat er in Hal-le für die NPD bei der Kommunalwahl kandidiert. Im Januar 2016 war am Angriff auf Connewitz beteiligt und wurde dafür 2018 wegen besonders schweren Landfriedensbruchs zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten auf Bewährung verurteilt.
Seit Februar 2020 ist Dschietzig Beisitzer im damals neu gegründeten Landesverband des Dritten Wegs. Am 3. Oktober 2020 nahm er in Berlin an einem Neonazi-Aufmarsch in Hohenschönhausen teil. Im April 2021 sammelte er bei einer Anti-Corona-Kundgebung in Grimma Unterstützungsunterschriften für den Antritt der Partei zur Bundestagswahl. Am 1. Mai 2021 wollte der Dritte Weg eigentlich in Zwickau und ersatzweise in Leipzig aufmarschieren, was jedoch beides aufgrund der geltenden Regeln zum Infektionsschutz verboten wurde. Stattdessen tauchte Dschietzig mit einigen Kamerad*innen bei einer kurzfristig angemeldeten Kundgebung der Sammlungsbewegung „Freie Sachsen“ in Chemnitz auf.
Zur Einordnung der Partei: Die „Basisdemokratische Partei Deutschland“ (dieBasis) wurde im Juli 2020 gegründet und hat nach eigenen Angaben bereits 25.000 Mitglieder. Die Partei mit ihrem auf den ersten Blick harmlos klingenden Säulenkonzept (die vier Säulen heißen „Freiheit“, „Machtbegrenzung“, „Achtsamkeit“ und „Schwarmintelligenz“) ist aus der Bewegung der Pandemie-Leugner*innen hervorgegangen. Zahlreiche Größen der Szene, u.a. Sucharit Bhakdi, Viviane Fischer, Reiner Füllmich, Markus Haintz und Eva Rosen sind oder waren zeitweise Mitglieder der Partei und unterstützen diese in der Öffentlichkeit.
Die Landesliste der Basis umfasst 15 Personen, darunter drei Frauen:
1. Christoph Heinritz-Bechtel (LK Zwickau)
2. Anke Althoff (Dresden)
3. Kerry Charles Cherki (Leipzig)
4. Stefan Heinke (LK Görlitz)
5. Antje Bäz (Leipzig)
6. Eva-Maria Kasimir (Leipzig)
7. Thorsten Füth (Leipzig)
8. Frank Buschbeck (LK Mittelsachsen)
9. Marco Korbella (Dresden)
10. Günter Brötzmann (Chemnitz)
11. Mario Falcke (Vogtland)
12. Norman Lienow (Chemnitz)
13. Christian Toloczyki (LK Leipzig)
14. Jürgen Dreher (LK Erzgebirge)
15. Maik Hoppe (LK Meißen)
Die Partei tritt in Sachsen in allen Wahlkreisen mit Direktkandidat*innen an. In der Region Leipzig sind das:
Für die Partei ist es derzeitigen Umfragewerten nach nahezu ausgeschlossen, dass sie Direktmandate gewinnt oder die notwendigen fünf Prozent der Stimmen erreicht, um in den Bundestag einzuziehen. Allerdings würde sie ab einem Anteil von 0,5 Prozent der Zweitstimmen in den Genuss der staatlichen Parteienfinanzierung kommen (ehemalige Wahlkampfkostenerstattung). Bei den diesjährigen Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt kam die Partei immerhin auf ein bzw. 1,5 Prozent der Zweitstimmen.
Ulrika Schöllner (Leipzig-Süd)
Sandro Oschkinat (Nordsachsen)
chronik.LE, 04.09.2021
Zuletzt aktualisiert am 03.02.2022