16.10.2019
Seit der Wende sind in Leipzig und den beiden umliegenden Landkreisen mindestens zehn Menschen durch rechte Gewalt zu Tode gekommen (Klaus R., Horst K., Mario L, Bernd Grigol, Achmed Bachir, Nuno Lourenço, Thomas K., Karl-Heinz Teichmann, Kamal Kilade und André K.), bei drei weiteren Fällen liegt eine rechte Tatmotivation nahe (Gerhard Sch., Gerhard Helmut B. und Christel G.) Sie starben, weil sie nicht in das Weltbild der Täter passten.
Die Taten haben in allen Fällen homosexuellenfeindliche, sozialdarwinistische oder rassistische Hintergründe bzw. richteten sie sich gegen Menschen, aufgrund ihres nicht-rechten Auftretens. Lediglich vier der neun Morde werden offiziell als Todesopfer rechter Gewalt geführt.
Laut Definition des BKA (2001) zählt als politisch-motivierte Kriminalität rechts neben anderen Kriterien „eine Tat insbesondere dann, wenn die Umstände der Tat oder die Einstellung des Täters darauf schließen lassen, dass sie sich gegen eine Person aufgrund ihrer politischen Einstellung, Nationalität, Volkszugehörigkeit, Rasse, Hautfarbe, Religion, Weltanschauung, Herkunft, sexuellen Orientierung, Behinderung oder ihres äußeren Erscheinungsbildes bzw. ihres gesellschaftlichen Status richtet“.
Die in der Definition beschriebenen Einstellungsmuster sind, wie bereits mehrfach in Studien belegt (Vgl. Decker/Brähler 2018: Flucht ins Autoritäre), in der Gesamtgesellschaft weit verbreitet. Es ist also keineswegs so, dass die TäterInnen losgelöst von gesellschaftlichen Zuständen morden.
Im Folgenden werden die Todesopfer und die Taten vorgestellt. Alle dargestellten Fälle wurden bereits in vergangenen Ausgaben der »LEIPZIGER ZUSTÄNDE« dokumentiert.
Klaus R. wird nur 43 Jahre. Er wird in seiner Wohnung in der Lützner Straße in Lindenau von den vier Neonazis Thomas R., Enrico M., Torsten D. und Roman K. tagelang erniedrigt und schließlich in der Nacht zum 28. Mai 1994 ermordet. Die vier Täter im Alter von 15 bis 19 Jahren halten zu diesem Zeitpunkt im gleichen Haus eine Wohnung besetzt. Sie beziehen Elektrizität aus der Wohnung von Klaus R. und erpressen ihn mit seiner Alkoholabhängigkeit sowie Armut. Im Laufe der Zeit nehmen die Erniedrigungen zu, bis sich Klaus R. weigert, weitere Demütigungen über sich ergehen zu lassen. Die Täter schlagen und treten daraufhin auf Klaus R. ein, der durch seine schweren Verletzungen stirbt. Der Hauptangeklagte, Roman K., wird im März 1995 durch das Landgericht Leipzig wegen versuchten Totschlags und schwerer Körperverletzung zu fünf Jahren Haft, die drei Mittäter zu geringen Haft- und Bewährungsstrafen verurteilt, obwohl der Oberstaatsanwalt allen Tätern eine „feindselige..., fast schon sadistische... Haltung“ attestiert. Klaus R. wird nicht offiziell als Todesopfer rechter Gewalt anerkannt.
Horst K. wird nur 43 Jahre alt. Er wird 1995 in der Straßenbahnlinie 15 von Marlon S. und Steffen S. angezündet und stirbt auf dem Weg ins Krankenhaus. Die Täter besteigen die Bahn und erblicken Horst K., den sie für einen Obdachlosen halten. Daraufhin fordert Marlon S. seinen Freund auf: „Zünde ihn einfach mal an.“ Steffen S. entzündet die Jacke von Horst K. Beide wechseln an der nächsten Haltestelle den Wagen und betrachten ihr brennendes Opfer. Steffen S. bezeichnet den Anblick als „cool“. Als die Notbremse ausgelöst wird, flüchten beide. Marlon S. wird zu einer Jugendstrafe von einem Jahr Haft auf Bewährung wegen unterlassener Hilfeleistung, Steffen S. zu einer Jugendstrafe von achteinhalb Jahren wegen Mordes verurteilt. In der Verhandlung vor dem Landgericht Leipzig wird ein sozialdarwinistisches Tatmotiv ausgeschlossen, da laut Staatsanwalt die beiden Täter „spontan handelten“. Horst K. wird nicht offiziell als Todesopfer rechter Gewalt anerkannt.
Mario L. wird nur 15 Jahre alt. Am Abend des 22. Dezember 1995 wird der Schüler auf einem Schulhof in Grimma erstochen. Ronny K., der Mörder von Mario L., kauft mit Freunden – alle werden nach Berichten der Lokalpresse der rechten Szene zugeordnet – ein Messer, Pfefferspray und Bier. Nach einem Kneipenbesuch treffen sie auf Mario L. sowie zwei seiner Freund*innen. Sie folgen der Gruppe, um „mal auszuprobieren, wie das Reizgas wirkt.“ Auf einem Schulhof greifen sie die Jugendlichen an. Ronny K. sticht zweimal in das Bein von Mario L. Dieser will weglaufen, wird aber von Ronny K. festgehalten und ins Herz gestochen. Mario L. stirbt auf dem Weg ins Krankenhaus an seinen Verletzungen. Ein Freund von Mario L. wird schwer verletzt ins Krankenhaus eingeliefert. Der dritte Jugendliche konnte unverletzt entkommen. Bei diesem Mord deuten die Tatumstände auf eine rechte Tatmotivation hin. Dafür greifen wir auf die Bezeichnung „Angst-zonen“ zurück, worunter Orte zu verstehen sind, in denen – zu bestimmten Zeiten – rechte Gruppen durch ihre Erscheinung, ihr Auftreten und ihr Verhalten versuchen, für andere Gruppen eine Zugangs- und Aufenthaltskontrolle zu praktizieren. Diese wird, wenn nötig, auch mit Gewalt durchgesetzt. Mit dieser Demonstration von tatsächlicher oder vermeintlicher Ordnungskompetenz „auf der Straße“ wird der öffentliche Raum zeitweise oder dauerhaft in Zonen des Ausschlusses verwandelt. Dadurch wird nicht allen Menschen gestattet, sich ungefährdet an solchen Orten zu bewegen. Der Begriff „Angstzone“ übernimmt die Perspektive derjenigen, die mit unterschiedlichen, oftmals gewalttätigen Zugangsverweigerungen konfrontiert sind
Bernd Grigol wird nur 43 Jahre alt. Er wird in der Nacht zum 8. Mai 1996 in der Nähe seines Wohnhauses in Wahren von den drei Neonazis Michael L., Rainer Sch. und David D. ermordet. Bernd Grigol wird mit den Worten „Hau ab, du schwule Ratte“ von den Tätern angegriffen, geschlagen und getreten, sie werfen einen Ziegelstein auf sein Kopf und fügen ihm schließlich 36 Messerstiche zu. Den leblosen Körper bringen sie in einen nahe gelegenen Steinbruch und versenken ihn dort. Am gleichen Abend greift einer der Täter einen Asylsuchenden in Wahren an, der jedoch entkommen kann. Trotz Hilferufe verständigen die Anwohner*innen nicht die Polizei. Im Prozess spielt die homosexuellenfeindliche Motivation der Täter keine Rolle. Das Leipziger Landgericht ordnet die Angeklagten zwar der „rechten Szene“ zu, jedoch hätten sie „aus Lust und Laune an körperlicher Mißhandlung“ getötet. Nach einem Revivionsverfahren vor dem Bundesgerichtshof wird der Haupttäter, Michael L., wegen Mordes zu vier-zehneinhalb Jahren und seine Mittäter zu zehn und acht Jahren Haft verurteilt. Bernd Grigol wird nicht offiziell als Todesopfer rechter Gewalt anerkannt.
Achmed Bachir wird nur 30 Jahre alt. Er wird am 23. Oktober 1996 durch die zwei Neonazis Daniel Z. und Norman E. vor einem Gemüsegeschäft auf der Karl-Lieb-knecht-Straße erstochen. Die beiden Neonazis fahren am Tattag stundenlang durch Leipzig und grölen dabei faschistische und rassistische Parolen. In der Straßenbahn prahlen sie von ihrem Plan, einen „Moslem abzustechen“. Am Abend betreten sie das Gemüsegeschäft, in dem Achmed Bachir arbeitet. Sie bedrohen und beleidigen die Verkäuferinnen auf rassistische und sexistische Weise und drängen sie an die Wand. Achmed Bachir will seine Kolleginnen unterstützen und schafft es, die Angreifer vor die Tür zu bewegen, als einer der beiden Neonazis auf Achmed Bachir einsticht. Laut der Staatsanwaltschaft liegen „keine Anhaltspunkte für einen fremdenfeindlichen Hintergrund“ vor, vielmehr würde es sich um eine „spontane Tat“ handeln. Auch Vertreter*innen der Stadt Leipzig leugnen die rassistische Motivation der Täter. Der damalige Oberbürgermeister Hinrich Lehmann-Grube behauptet: „Ein rechtsextremes Potenzial ist mir hier nie begegnet“. Und Leipzigs Ausländerbeauftragter Stojan Gugutschow erklärt: „Es hätte auch irgendeinen Deutschen treffen können.“ Achmed Bachir wird seit Februar 2012 offiziell als Todesopfer rechter Gewalt anerkannt.
Nuno Lourenço wird nur 49 Jahre alt. Am 4. Juli 1998, seinem 49. Geburtstag, wird er von acht Neonazis so stark misshandelt, dass er am 29. Dezember 1998 an den Folgen seiner schweren Verletzungen stirbt. Nuno Lourenço hält sich in Gaschitz nahe Markkleeberg auf, um als Zimmermann beim Bau des MDR-Geländes zu arbeiten. Nach einem verlorenen Spiel der Fußball-WM des deutschen gegen das kroatische Team zieht eine Gruppe von acht Neonazis mit Eisenketten bewaffnet los, um ihren Frust über die „Niederlage“ an „Ausländern“ auszulassen. Als sie Nuno Lourenço und seine Kollegen erblicken, greifen sie diese an und schreien: „Blöde Ausländer, Scheiß-Ausländer, verpisst euch.“ Die Kollegen von Nuno Lourenço können entkommen, er wird jedoch so stark gewürgt, dass er zu Boden geht. Dort liegend treten die Täter mehrmals mit Stahlkappenschuhen gegen seinen Kopf. Das Landgericht Leipzig wertet die Tat lediglich als Körperverletzung mit Todesfolge. Der Hauptangeklagte Andreas S., wird zu vier Jahren Gefängnis verurteilt, die Mitangeklagten im Alter von 15 bis 20 Jahren erhalten Bewährungsstrafen. Der Vorsitzende Richter Norbert Göbel, lässt die Witwe Noemia Lourenço auf den immensen Kosten der Nebenklage sitzen. Den Tätern hingegen werden die Prozesskosten nicht auferlegt und erst nach überregionaler Berichterstattung erfolgt der Haftantritt des Haupttäters, da der Richter „vergisst“, den Haftantrittstermin festzulegen. Nuno Lourenço wird erst zehn Jahre nach dem Mord offiziell als Todesopfer rechter Gewalt anerkannt.
Thomas K. wird nur 16 Jahre alt. Auf seinem Heimweg am 4. Oktober 2003 wird er durch den Neonazi René M. in Wahren erstochen. Der Täter wartet in einem Gebüsch auf ihn. In der Hauptverhandlung gibt der Täter an, dass ihm die Gespräche über Cannabis-Konsum der Gruppe von Thomas K., die er am Auensee beobachtet hatte, „nicht gefallen“ hätten. Da er von seinen Kumpels aus der rechten Szene „gut umerzogen“worden sei, habe er daher einen aus der Clique „aufklatschen“ wollen. In einem Brief an seine Mutter zeigt René M. keinerlei Reue oder Einsicht. Er habe mit der Strafe gerechnet und meint, die „Ermittler müsse man ’echt alle in die Gaskammer stecken“. René M. wird zu einer Haftstrafe von zehn Jahren nach Jugendstrafrecht verurteilt. Thomas K. wird 2015 offiziell als Todesopfer rechter Gewalt anerkannt.
Karl-Heinz Teichmann wird nur 59 Jahre alt. Er wird in der Nacht zum 23. August 2008 vom Neonazi Michael H. mehrfach verprügelt. Karl-Heinz Teichmann stirbt zwei Wochen nach der Tat an seinen schweren Verletzungen. In der Tatnacht schläft Karl-Heinz Teichmann auf einer Parkbank am Schwanen-teich. Michael H. und ein Begleiter erblicken auf dem Rückweg von einem Neonaziaufmarsch im Leipziger Osten den schlafenden Teichmann. Michael H. greift ihn mit den Worten, er solle „hier nicht pennen“, an, springt ihm ins Gesicht, schließlich verlassen Sie den Tatort. Eine halbe Stunde später kehrt H. zurück und prügelt abermals auf Karl-Heinz Teichmann ein. Am Morgen entdeckt eine Passantin den schwer verletzten Karl-Heinz Teichmann und versucht das nahgelegene Polizeirevier zu informieren. Auf ihre an der Gegensprechanlage geäußerte Meldung gibt es keine Reaktion. Erst nach anderthalb Stunden suchte die Polizei den nur 200 Meter entfernten Tatort auf. Michael H. wird wegen heimtückischen Mordes zu einer Jugendstrafe von acht Jahren und drei Monaten verurteilt. Der Richter, Norbert Göbel, erkennt in der Tat kein sozialdarwinistisches Motiv, obwohl selbst der Verteidiger des Angeklagten von einem rechten Tatmotiv seines Mandanten ausgeht. Die Polizei stufte den Mord als „normale Straftat unter Alkoholeinfluss“ ein. Karl-Heinz Teichmann wird nicht offiziell als Todesopfer rechter Gewalt anerkannt.
Kamal Kilade wird nur 19 Jahre alt. Er wird in der Nacht vom 24. Oktober 2010 in der Nähe des Hauptbahnhofes von den Neonazis Daniel K. und Marcus E. mit einem Messer ermordet. Am Tat-abend trifft Kamal Kilade mit zwei Freund*innen, auf Marcus E. und Daniel K. Diese waren zuvor auf einer Kneipentour, suchten und provozierten Auseinandersetzungen und pöbelten dabei einen Freund von Kamal Kilade an. Kamal Kilade kam seinem Freund zur Hilfe und wird von Daniel K. mit Pfefferspray angegriffen. Marcus E. nutzt daraufhin die Wehrlosigkeit von Kamal Kilade und ersticht ihn mit einem Messer. Beide werden später gefasst, wobei sie Kleidung mit einschlägigen Parolen wie „Kick off Antifascism“ tragen. Sie kennen sich aus dem Gefängnis und gehörten jeweils der organisierten Neonazi-Szene an. Zu Prozessbeginn schließt die Staatsanwaltschaft eine rassistische Tatmotivation aus, trotz NS-verherrlichender Tattoos der Täter und bei der Hausdurchsuchung festgestellten einschlägigen Literatur. Später erkennt es die rassistische Motivation an. Marcus E. wird wegen Mordes zu 13 Jahren Haft mit anschließender Sicherheitsverwahrung, Daniel K. wegen gefährlicher Körperverletzung zu drei Jahren Haft verurteilt. Kamal Kilade wird offiziell als Todesopfer rechter Gewalt anerkannt.
André K. wird nur 50 Jahre alt. In der Nacht zum 27. Mai 2011 wird er am Oschatzer Südbahnhof von fünf Männern brutal zusammengeschlagen. Fünf Tage später stirbt er an seinen schweren Verletzungen. Am Tattag trinken die fünf Jugendlichen/Junge Erwachsenen Ronny S., Sebastian B., Tommy J., David O. und Chris K. zusammen Bier als Ronny S. kundtut, dass André K. Schulden bei ihm habe sowie eine Abreibung erhalten solle. Die Männer machen dich daraufhin auf den Weg zum Oschatz-Park, wo er sich des Öfteren aufhält. Als sie ihn dort nicht auffinden, ziehen sie weiter zum Südbahnhof. Dort treffen sie André K. – schlafend in einem Wartehäuschen – an. Sie beginnen auf den Wehrlosen einzutreten und einzuschlagen. B. und S. zielen dabei mehrfach auf den Kopf. André K. wird am nächsten Morgen in der Wartehalle entdeckt und stirbt am 1. Juni an einer Lungenentzündung, die er sich infolge der Verletzungen zugezogen hat. Vor dem Landgericht gibt Sebastian B. zu, dass es nicht wirklich um das Eintreiben von Schulden ging: “Es gab sicher keinen Anlass, gegen Herrn K. vorzugehen. Wir haben uns im Suff einen sinnlosen Grund eingeredet.” Selbst das Gericht sieht im Angriff auf André K. eine “Gewaltorgie”. Dennoch lehnt der Vorsitzende Richter Norbert Göbel den Beweisantrag der Nebenklagevertretung, der darauf abzielt, mögliche rechte bzw. sozialdarwinistische Tatmotive zu beleuchten, ab. Im Januar 2013 werden die fünf Täter wegen Totschlags zu Freiheitsstrafen ohne Bewährung verurteilt. Die Haupttäter Ronny S. und Sebastian B. erhalten 13 bzw. zehn Jahre Haft. Die drei jugendlichen Täter werden zu Jugendstrafen von bis zu drei Jahren verurteilt. André K. wird nicht offiziell als Todesopfer rechter Gewalt anerkannt.
Die im Folgenden dargestellten Fällen müssen als Verdachtsfälle gelten, da Indizien eine rechte Tatmotivation zwar nahe legen, die Belege für eine Einordnung als politisches Tötungsverbrechen jedoch nicht ausreichen.
Gerhard Sch. wird nur 43 Jahre alt. Am 1. Juni 1991 wird er am Leipziger Hauptbahnhof von zwei Neonazis aus einer fahrenden Straßenbahn gestoßen und stirbt wenig später. Gerhard Sch. positioniert sich gegen über den beiden Neonazis mit den Worten „Unglaublich diese Nazis“, nachdem diese andere Fahrgäste anpöbeln und anrempeln. Nach einem der Täter wird gefahndet, laut LVZ wurde er auch identifiziert. Der Sächsischen Landesregierung ist der Todesfall jedoch nicht bekannt, wie eine Anfrage Anfang 2014 ergab.
Gerhard Helmut B. wird nur 19 Jahre alt. Auf einer Party in einem Abrisshaus im Dezember 1995 in Großzschocher wird er von den drei Jugendlichen Marcus D., Rainer S. und Mike B. ermordet, der Tote wurde erst im April 1996 entdeckt. Vermutlich stand die Ablehnung der Homosexualität von Gerhard Helmut B. als Tatmotiv im Vordergrund. Die Angeklagten werden zu Jugendstrafen zwischen dreieinhalb und acht Jahren verurteilt.
Christel G. wird nur 64 Jahre alt. Sie wird am frühen Morgen des 30. Juni 2002 durch den Neonazi Patrick K. erstochen. Christel G. setzte sich für wohnungslose Menschen ein. Die 64-jährige Frau wird am Morgen des 30. Juni 2002 durch den Neonazis Patrick K. erstochen. In der Lokalpresse kursierten zwei unterschiedliche Versionen des Tathergangs, die eine Einordnung erschwerten. Christel G. soll sich Patrick K. in den Weg gestellt haben, als dieser versuchte, einen jugendlichen Wohnungslosen mit einer Axt anzugreifen. Patrick K. gibt während der Vernehmung durch die Polizei zu Protokoll, er habe aus „Wut“ gehandelt. Weitere Anhaltspunkte für ein menschenfeindliches Motiv liefern Taten, über die bereits im Vorfeld berichtet wurde. So habe Patrick K. wenige Tage vor dem Mord die Wohnung eines Sozialhilfeempfängers zerstört. Kurz davor erpresste er von diesem Alkohol und zwang ihn, den Bahnhofsvorplatz auf den Knien rutschend zu „reinigen“. Einen Monat zuvor beleidigte er mehrere Frauen auf rassistische Weise. Als eine der Frauen Patrick K. zur Rede stellen will, greift er sie an und schlägt sie. Der Oberstaatsanwalt Norbert Röger schließt dennoch ein rechtes Tatmotiv aus. Im Mai 2003 verurteilt das Landgericht Leipzig Patrick K. zu einer Jugendstrafe von siebeneinhalb Jahren Haft wegen Totschlags an Christel G. und gefährlicher Körperverletzung an dem anderen Jugendlichen. Ein politisches Tatmotiv thematisiert das Gericht nicht.
Zuletzt aktualisiert am 26.01.2022