Benjamin Brinsa scheidet aus dem Wurzener Stadtrat aus

02.11.2023

Am 1. November 2023 endete vorerst die kommunalpolitische Karriere von Benjamin Brinsa (Jg. 1989). Bei der Wahl im Mai 2019 war der Lok-Hooligan (ehem. "Scenario Lok") und MMA-Trainer ("Imperium Fight Team") für die rechte Wählervereinigung "Neues Forum für Wurzen" (NFW) in den Stadtrat eingezogen. Zeitweise fungierte er als Vorsitzender der dreiköpfigen NFW-Fraktion. Im September 2023 teilte Brinsa per Mail an die Stadtverwaltung mit, dass er sein Mandat niederlegen wolle. Als Grund gab der 34-Jährige seine "gesteigerten Geschäftsaktivitäten" an, die ihm nicht mehr erlauben würden, seinen Verpflichtungen als Stadtrat nachzukommen: "Mein Unternehmen hat in den letzten Jahren an Wachstum zugenommen, was zu einer gesteigerten Präsenz meiner Person in diesen führt."

Die Stadträt*innen stimmten der Niederlegung des Mandats bei der Sitzung am Mittwochabend mit einer Gegenstimme zu. Für Brinsa rückt Torsten Bergmann (Jg. 1966) nach. Dieser fungierte bisher auf Vorschlag des NFW als sachkundiger Einwohner im Ausschuss für Haushalts-, Finanz- und Verwaltungsgelegenheiten sowie im Ausschuss für Technik und Stadtentwicklung. Vor drei Jahren war bereits der Gründer und Spitzenkandidat des NFW, Christoph Mike Dietel (Jg. 1964), aus dem Stadtrat ausgeschieden. Für ihn rückte im Juni 2020 David Kramer (Jg. 1975) nach. Mehrere andere Personen von der immerhin neun Kandidaten umfassenden Liste des NFW zur Stadtratswahl 2019 hatten das zuvor abgelehnt. Torsten Bergmann ist der letzte Bewerber, der noch als Nachrücker zur Verfügung stand. Der NFW-Verein hat sich schon Ende 2021 aufgelöst, die Fraktion im Stadtrat blieb jedoch bestehen.

Über das NFW haben wir bereits im April 2020 in der Broschüre "Rechtsaußen in der Kommunalpolitik" berichtet.

Dass das NFW ohne seine einstigen Zugpferde im nächsten Jahr nochmal zur Stadtratswahl antritt, ist unwahrscheinlich. Möglicherweise kandidieren die verbliebenen NFWler diesmal für die AfD. Die Partei hatte 2019 sogar ein Mandat mehr als das NFW errungen, konnte diese aber nicht besetzen, da sie lediglich vier Kandidat*innen aufgestellt hatte. Ein Bewerber war noch vor der Konstituierung des Stadtrats verstorben, ein anderer kurz danach aus Wurzen weggezogen. Im Juli 2023 hat schließlich Nancy Aßmann (Jg. 1985) ihr Mandat aus "gesundheitlichen sowie privaten Gründen" niedergelegt. Mit ihr verlor die AfD auch ihren Fraktionsstatus. Als einziger AfD-Stadtrat ist René Opolka (Jg. 1967) übrig geblieben. Dieser wurde am vergangenen Wochenende von der AfD im Landkreis Leipzig als einer von vier Direktkandidaten zur Landtagswahl im kommenden Jahr nominiert. Offenbar hat die AfD niemand anderen für den Wahlkreis um Wurzen.

NFW und AfD haben in der Vergangenheit immer mal zusammen Pressemitteilungen und andere Statements veröffentlicht. Die ideologische Nähe der beiden rechten Formationen ist offenkundig. Angesichts der personellen Auszehrung bietet sich eine gemeinsame Liste zur nächsten Stadtratswahl an.

Benjamin Brinsa hat offenbar genug von der mühsamen, ehrenamtlichen Arbeit im Stadtrat. Trotzdem bleibt er vermutlich eine wichtige Größe der rechten Mischszene in Wurzen, mit beträchtlichem Einfluss gerade auf jüngere Personen. Anfang des Jahres wurde der Stadtrat bei einer nächtlichen Graffiti-Aktion aufgegriffen, als vier Personen im Alter zwischen 16 und 34 Jahren an der Autobahn 14 bei Albrechtshain einen LOK-Schriftzug an eine Schallschutzwand sprühten. Im November 2021 gab es bei Brinsa eine Hausdurchsuchung der Soko Rex, nachdem er vier Monate zuvor auf seiner Facebookseite ein Foto von sich mit einem Sturmgewehr auf einem Schießstand gepostet hatte ("Das Ziel immer im Blick"). Außer beim "Imperium Fight Team" soll der umtriebige Brinsa unter anderem im Immobiliengeschäft tätig sein.

Einen Einblick in Brinsas vielfältigen Aktivitäten bietet unser Online-Dossier "Geschäftstüchtig und gewaltbereit. Ein Überblick zur rechten Mischszene in Wurzen" von Ende 2021.

Zuletzt aktualisiert am 23.12.2023